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Rückblick - 10 Jahre Abwasser- und Umweltverband 2010

Quelle: Chiemgau-Zeitung, Dirk Breitfuß / 25.01.2010

Chiemsee - Vor zehn Jahren haben sich die zehn Chiemseegemeinden die Umwelt offiziell auf die Fahnen geschrieben. Aus dem Abwasserzweck- wurde im Januar 2000 der Abwasser- und Umweltverband Chiemsee. Seitdem ist viel geschehen
Der Bürgerbus entstand, zahlreiche Naturführungen wurden entwickelt, Bürgersolarkraftwerke gebaut und nicht zuletzt die Grundlagen für ein neues Konzept des Chiemsee-Rundwegs gelegt.
"Jeder Nutzer soll ein Schützer sein." Bei unzähligen Anlässen hatte der damalige AZV-Vorsitzende Lorenz Kollmannsberger dieses Motto ausgegeben. Sein Credo: Nur wer die Landschaft mit ihrer Flora und Fauna kennt, kann auch verantwortungsvoll mit ihr umgehen. Diese Überzeugung war der Ausgangspunkt dafür, dass der AZV neben seiner originären Aufgabe, dem Betrieb des Ringkanals, vor zehn Jahren zusätzlich zum Umweltverband wurde.
Innerhalb eines Jahres entstand die Chiemseeagenda. In regionalen und örtlichen Arbeitskreisen widmeten sich engagierte Bürger unter professioneller Leitung den Themenbereichen Energie, Verkehr und Wirtschaft. Dass dieser Ansatz, die Bevölkerung auf breiter Basis in langfristige Entwicklungen einzubeziehen, damals nicht selbstverständlich war, lässt sich daran erkennen, dass die Agendaarbeit fünf Jahre lang vom bayerischen Umweltministerium als Modellprojekt gefördert wurde.
Der Arbeitskreis (AK) Energie gab den Anstoß für den Bau mehrerer Bürgersolarkraftwerke und entwickelte eine Pellets-Einkaufsgemeinschaft, der AK Verkehr legte die Grundlagen für den Chiemsee-Bürgerbus und den -Ringbus und der AK Wirtschaft schuf Grundlagen für Naturführungen, um den Wert der heimischen Landschaft vor Augen zu führen. Das sind nur einige Beispiele aus einer langen Liste von Initiativen.
Ruhezonen für brütende Wasservögel und ein Ring aus Beobachtungsstationen gehen auf einen Gewässerentwicklungsplan zurück, der Ende der 90er Jahre quasi als langfristiges Leitbild entstanden war. Auch die Neutrassierung des Uferwegs geht grundsätzlich auf dieses Konzept zurück.
Dieses Projekt bestimmt derzeit auch die Arbeit der AZV-Umweltbeauftragten Marlene Berger-Stöckl. Ihre Teilzeitstelle wird durch die Mitgliedsgemeinden finanziert. Unter der Maxime, Radlern und Spaziergängern separate Wege anzubieten, wo immer es möglich ist, ist eine Planung entstanden, mit der das Radwegenetz für die Chiemsee-Umrundung von 65 auf 120 Kilometer fast verdoppelt werden soll.
Rund fünf Millionen Euro Fördergelder konnte sich der AZV für dieses ehrgeizige Vorhaben sichern. Die schrittweise Umsetzung wird wohl einige Jahre dauern, weil auch die Kommunen in ihren Hoheitsgebieten für die Einzelmaßnahmen Geld aufbringen müssen.
Zu den Vorzeige-Umweltprojekten des AZV gehört zweifellos der Bürgerbus. Seit über sechs Jahren steuern Ehrenamtliche den Neunsitzer zwischen Amerang und Prien. "Es ist kaum zu glauben, dass man immer wieder Fahrer findet", freut sich der heutige AZV-Vorsitzende Josef Mayer über den dauerhaften Erfolg der Linie.
Weniger wahrgenommen werden in der Öffentlichkeit die mittlerweile 14 verschiedenen Naturerlebnistouren, die besonders bei Schulklassen und Urlaubern ankommen. Die Basis für diese Angebote hatte seinerzeit Georg Hermannsdorfer gelegt. Der Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes Traunstein war in den Anfangsjahren für die Agendaarbeit zum AZV abgestellt. Aushängeschild und über den Sommer meist ausgebucht sind die Fahrten mit einer alten Hafenbarkasse zum Achendelta. An über 180 Führungen unter dem Motto "Der Natur auf der Spur" nahmen im vergangenen Jahr 3740 Personen teil, darunter fast 2500 Kinder, viele davon mit ihren Schulklassen.
Etabliert sind inzwischen auch die regelmäßigen Vogelbeobachtungen an eigens geschaffenen Türmen und Plattformen unter professioneller Leitung, bei denen sogar Ferngläser kostenlos zur Verfügung gestellt werden. 2009 nutzten über 600 Naturinteressierte diese Angebote.
Anerkennung hat der AZV auch für das "Fifty-Fifty-Projekt" erfahren. Das Modell, bei dem Schulen die Hälfte des Geldes bekommen, das ihren Einsparmaßnahmen beim Energieverbrauch entspricht, wurde mit dem "Kommunalen Agenda-21-Preis" belohnt.
Freilich rennt der AZV nicht mit allen Umweltideen offene Türen ein. Für Mayer liegt das in der Natur der Sache, denn Berger-Stöckl solle bewusst mitunter querdenken, betonte der Rimstinger Bürgermeister im Gespräch mit der Chiemgau-Zeitung.
Manche Vorhaben lassen sich aus unterschiedlichen Gründen nicht realisieren. So scheiterte der Versuch, ein Anruf-Sammeltaxi zu initiieren, ebenso wie das Vorhaben, eine pauschale Wochenkarte für Urlauber einzuführen, mit denen diese alle öffentlichen Nahverkehrsmittel nutzen können. "Das werden wir später mal wieder anstoßen und versuchen, eine Lösung zu finden", umschreibt der AZV-Chef den Umstand, dass manche Idee einen langen Atem erfordert.
Grundsätzlich sieht Mayer den Umweltbereich des AZV als Plattform, "immer wieder Neues anzuschieben", das im Laufe der Zeit dann zum Selbstläufer werden sollte. So wie es Bürger- und Ringbus, Naturführungen und Vogelbeobachtungen schon lange geworden sind.

 

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