Fifty-Fifty-Einsparprojekt

Energieverbrauch eindämmen

Quelle: Chiemgau-Zeitung / 16.01.2009

Das Ludwig-Thoma-Gymnasium (LTG) gilt seit Jahren als Musterschüler in Sachen Energieeinsparung. Dreimal in Folge wurde das Gymnasium dafür als «Umweltschule in Europa» ausgezeichnet.
Aber Lehrer und Schüler stoßen im Bemühen, Öl- und Stromverbrauch zu drosseln, an Grenzen. Das sind die alten Gemäuer und die veraltete Technik.
Der stellvertretende LTG-Chef Gerold Schwarzer wird im Sommer in den Ruhestand gehen. Aber der Zustand «seiner» Schule lässt den engagierten Umweltschützer beileibe nicht ruhen. Und auch Studiendirektor Günther Madsack würde lieber heute als morgen eine schrittweise energetische Generalsanierung der zumeist alten Gemäuer in Angriff nehmen. Ob dieser Wunsch Wirklichkeit wird, entscheidet zuvorderst das Landratsamt Rosenheim als Sachaufwandsträger.
Die meisten Bauten des LTG, das heuer sein 60-jähriges Bestehen feiern kann, entstanden in den 70er-Jahren. Durch viele Fenster pfeift der Wind, im Keller gibt es feuchte Wände. Größter Energiefresser ist die Turnhalle, Baujahr 1974. Dort wird die heiße Luft von der Decke weit oben nach unten geblasen - eine Konstruktion, die heutzutage niemandem mehr einfallen würde.
Als der Landkreis auf Initiative der Chiemseeagenda vor einigen Jahren das «Fifty-Fifty-Projekt» startete, war das Priener Gymnasium von Anfang an Feuer und Flamme. Der Name rührt daher, weil die Hälfte der eingesparten Energiekosten der Schule selbst zugute kommt und dafür ausgegeben werden kann, weitere Maßnahmen zur Verbrauchssenkung zu finanzieren. Das Projekt war auf drei Jahre angelegt. Ob es fortgesetzt wird, ist Schwarzer zufolge derzeit noch offen.
Seit dem Projektstart gibt es nicht nur Klassensprecher, sondern auch Energiewächter. Diese Schüler schalten das Licht aus, wenn es hell genug ist, achten darauf, dass in den Pausen nur stoßweise gelüftet wird und dass die Windfangtüren in den Gängen immer geschlossen sind.
Seit «Fifty-Fifty»-Beginn steht Energieberater Helmut Schreitmüller dem LTG ehrenmatlich zur Seite. Er hat geholfen, den ganzen Komplex zu durchleuchten und viele Schwachstellen aufzuspüren. Jeder Strom-, Wasser- und Heizkostenzähler wurde erfasst und alle Daten akribisch ausgewertet. Der Energieverbrauch konnte durch zum Teil simple Maßnahmen um jährlich durchschnittlich 9000 Euro reduziert werden.
Schon im ersten Jahr verbrauchte das LTG fast 12800 Liter Heizöl weniger (bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 160000 Liter) und reduzierte den Stromverbrauch um ein Viertel. Die Heizung wird nachts abgeschaltet und in den 27 Klassenzimmern gibt es kein warmes Wasser mehr, das vorher zum Händenwaschen ohnehin kaum genutzt wurde.
Zuletzt konnte das Gymnasium dank des Energieversorgers Eon, der umfangreiche Daten zur Verfügung stellte, eine weitere Schwachstelle ausmerzen. In der Turnhalle wurde eine neue Automatik eingebaut. Sie bewirkt, dass der monatliche Stromverbrauch um mehr als 5800 Kilowattstunden gesenkt werden konnte, also etwa um den Jahresverbrauch eines Einfamilienhauses.
Aber all diese kleinen Erfolge sind nach Überzeugung der Schulleitung nur Tropfen auf den heißen Stein. Wenn es im Winter schneit, ist das Dach des LTG eines der ersten in Prien, wo der Schnee wegtaut. Denn aus dem Innern dringt viel Wärme nach draußen. Dächer und Wände sind schlecht gedämmt, Fenster und Technik zum Großteil veraltet.
Als Ende 2007 die Klimawerkstatt der Technischen Universität (TU) München bei einer Klimakonferenz des Abwasser- und Umweltverbandes (AZV) Chiemsee in Bernau ihre Ideen vorstellte, reifte auch bei Madsack und Schwarzer ein Gedanke. Das LTG könnte mit einer energetischen Generalsanierung eine Vorreiterrolle spielen, denn im Freistaat gibt es viele Schulen, die ähnlich alt sind und die gleichen energetischen Probleme haben.
Inzwischen ist eine Projektskizze gereift, die Schwarzer kürzlich bei der Verleihung der Auszeichnung «Umweltschule in Europa» Bayerns Umweltminister Markus Söder überreicht hat (wir berichteten). Die erste Hürde auf dem langen Weg zur Energieeinsparung im großen Stil wäre eine Projektstudie, die Schwarzer zufolge etwa 15000 bis 20000 Euro kosten dürfte. Sie könnte als Leitfaden dienen, die Schwachstellen mittelfristig Schritt für Schritt zu beseitigen.
Eine zentrale Rolle dürfte in einem solchen Konzept die Turnhalle spielen, oder besser: ein Neubau. Denn für Madsack und Schwarzer steht fest, dass die Zweifachhalle ihre besten Zeiten längst hinter sich hat. Und sie platzt aus allen Näthen. Als sie gebaut wurde, hatte das LTG rund 600 Schüler. Im Herbst werden es laut Madsack erstmals über 1000 sein und es dürften in den kommenden Jahren noch mehr werden.
Von 7.15 bis mindestens 15.30 Uhr ist sie montags bis freitags für den Schulsport ausgebucht. Nur weil einige Klassen zum Schwimmen nach Bad Endorf, Bernau und ins Prienavera fahren, kann der Sportunterricht überhaupt noch dargestellt werden.
Und für das nächste Schuljahr streckt das LTG seine Fühler schon nach einer Turnhalle in der Umgebung aus, weil es wieder eine Klasse mehr geben wird als heuer.

von dirk breitfuß

 

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