Chiemsee

"Man hört, riecht, sieht nichts" (OVB 13.01.05)

Quelle: Chiemgau-Zeitung / 13.01.2005
Fraueninsel (th) - Einen kleinen Schritt weiter geht es beim Vorhaben der Gemeinde Chiemsee, auf der Fraueninsel ein Biomasseheizwerk zu bauen. In einer Sondersitzung kam der Gemeinderat am Dienstagabend überein, zuerst die Akzeptanz der Insulaner abzufragen.

Stefan Schubert vom Büro Kess und Peter Klingenmeier von der Projektgemeinschaft Bichler & und Klingenmeier informierten ausführlich über die Wirtschaftlichkeit des Projekts und die voraussichtlichen Kosten für jeden einzelnen Haushalt.

Die Sitzung wurde wegen des großen Interesses der Insulaner in den «Klosterwirt» verlegt. Bürgermeister Georg Huber erinnerte daran, dass der Gemeinderat sich schon seit zwei Jahren mit dem Thema befasse und 2004 eine eigene Bürgerversammlung abgehalten worden sei. Auch der jetzigen Sitzung werde noch eine eigene Bürgerversammlung folgen.

Ob tatsächlich ein Biomasseheizwerk gebaut werden könne, hänge von allen Insulanern ab. Huber verwies auf die gegenüber früheren Vorstellungen verminderte Förderung von maximal 30 Prozent über das Landwirtschaftministerium. Minister Josef Miller habe zumindest mündlich diesen Fördersatz zugesagt.

Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Wärmeversorgung der einzelnen Abnehmer und der Vergleich von Heizöl mit Biomasse, die Schubert eingehend erläuterte, sollen zusammengefasst und jedem Hausbesitzer auf der Fraueninsel zugesandt werden, beschloss der Gemeinderat einstimmig. Zugleich soll eine Absichtserklärung mitverteilt werden, ob der jeweilige Abnehmer bereit wäre, sich am Projekt zu beteiligen. Bei 54 Anwesen müssten 30 mitmachen, um den Bau zu sichern, erläuterte Schubert.

Bei einem Gesamtaufwand von 1,1 Millionen Euro unter Abzug von 30 Prozent Fördermitteln müssten rund 740000 Euro investiert werden. Mit einer voraussichtlichen Anschlussgebühr von 6000 Euro für den einzelnen Verbraucher rechnet Schubert. Diese umfasse die Zuleitung bis zur Nahwärme-Übergabestation im Anwesen. Die Anschlussgebühr könne jedoch variabel festgesetzt werden, zum Beispiel wenn die Investitionskosten niedriger angesetzt und dafür die Verbrauchskosten höher seien.

Beim Vergleich Heizöl mit Holz würde die Verbrennung von Hackschnitzeln, abgesehen von der Umweltfreundlichkeit, kostenmäßig wesentlich besser abschneiden, erläuterte Schubert an mehreren Beispielen. So würden die Gesamtinvestitionen bei einem neuen Einfamilienhaus bei Versorgung mit Biomasse 6000 Euro, mit Heizöl dagegen 10670 Euro betragen. Beim Verbrauch ermittelte Schubert die Kosten für Heizöl mit 3095 Euro und für Biomasse mit 2403 Euro im Jahr.

Außerdem würden durch den Einsatz von Holz 350000 Liter Heizöl und 829 Tonnen Kohlendioxid jährlich eingespart. Bei der Hackschnitzelverbrennung seien demgegenüber 3700 Kubikmeter Schwachholz erforderlich, was 50 Fährenladungen im Jahr entspreche.

Wie berichtet, soll das Gebäude für das Heizwerk auf einem Grundstück des Freistaates Bayern nördlich der früheren Turnhalle in einer Größe von 20 auf zehn Meter im Grundriss gebaut werden. Der Kamin sei nicht höher als elf Meter geplant, erläuterte Klingenmeier. Zu Fragen aus dem Gremium erklärte der Hochbauplaner, dass dank moderner Filtersysteme die Rauchgase wesentlich unter den gesetzlich zugelassenen Werten liegen würden und die Holzasche sich sehr gut als Mineraldünger verwenden ließe. Zu Bedenken wegen einer Umweltbelästigung verwiesen die Planer auf Beispiele in Ising und Bad Endorf. Selbst in nächster Nachbarschaft würden dortige Bürger sagen: «Man hört nichts, riecht nichts und sieht nichts.»

Ein Vorgespräch soll jetzt noch mit dem Kloster als Hauptabnehmer wegen dessen Anschlusskosten geführt werden, forderte der Rat. Wegen der neueren Heizanlage des Klosters mit Öl soll dieser Brennstoff für die Spitzenlasten und als Sicherheitsgründen verfügbar bleiben, jedoch die Tanks wesentlich reduziert werden.