Prien

Fahren ohne (eigenes) Auto

Quelle: Chiemgau-Zeitung / 23.04.2005

Prien - "Mobil sein ohne eigenes Auto" hieß das Motto einer Informationsveranstaltung, die auf Initiative des Arbeitskreises "Verkehr" der Chiemseeagenda im Logistik-Kompetenz-Zentrum (LKZ) stattfand.

Referent war Klaus Breindl vom Bundesvorstand "Car-Sharing" und gleichzeitig Vorstand des Vereins "Vaterstettener Auto-Teiler", der seit 13 Jahren erfolgreich "Car-Sharing" betreibt. Die Gründung einer entsprechenden Initiative ist nun auch für Prien angedacht.

Hocherfreut über das unerwartete Interesse der zahlreichen Besucher zeigten sich Florian Hoffmann, Bürgermeister von Rimsting und Vorstand des Abwasser- und Umweltverbandes (AZV), und die vom AZV Beauftragte für die Chiemseeagenda, Marlene Berger-Stöckl. "Das System ,Car-Sharing' ist nicht nur für ein paar Idealisten gut, sondern für die überwiegende Zahl der Bürger einfach genial", meinte Hoffmann. Man könne Geld sparen, bleibe mobil und schone die Umwelt durch weniger Autos.

"Wenn man ein Glas Milch möchte, kauft man auch nicht gleich die ganze Kuh." So einfach erklärte Referent Breindl das System, bei dem ein Auto von mehreren Personen genutzt wird. Wie der Diplom-Volkswirt erläuterte, habe sich das Konzept in Vaterstetten seit 1992 bestens bewährt. Inzwischen nutzen dort 80 bis 90 Personen in 56 Haushalten mit einer 95-prozentigen Zufriedenheit gemeinsam vier Autos. Deutschlandweit gebe es schon 120 "Car-Sharing"-Gruppen, davon etwa 40 in den großen Städten mit über 100000 Einwohnern. Die restlichen Initiativen seien klein bis mittelgroß, hätten zwei bis fünf Autos und seien in stetigem Wachsen begriffen.

Der Vorteil gegenüber einer normalen Autovermietung: Die kleinste Mieteinheit ist eine Viertelstunde und nicht ein ganzer Tag, der "Papierkram" eines Vertragsabschlusses entfalle, und das Auto stehe kurzfristig rund um die Uhr zur Verfügung.

Das beste Argument für "Car-Sharing" ist nach den Worten des Referenten jedoch der Preis: "Während beim eigenen Auto 75 Prozent der Gesamtkosten Fixkosten, wie Steuern, Versicherung, TÜV/ASU und Garage/Stellplatz sind, zahlt man beim Auto-Teilen nur, wenn man auch tatsächlich fährt.

Der Preis setzt sich nur aus den beiden Komponenten Zeit und Kilometer zusammen. In Vaterstetten kostet eine Stunde 40 Cent und ein Kilometer 25 Cent (inklusive Benzin) für alle zur Verfügung stehenden Autotypen. Hinzu kommen noch eine einmalige Aufnahmegebühr von 50 Euro und eine Einlage von 600 Euro, die bei Austritt zurückgezahlt wird.

Im Kostenvergleich ist "Car-Sharing" einem eigenen Auto in der Regel weit überlegen. Schon bei einem VW-Polo und einer Fahrleistung von weniger als 15000 Kilometern sei das Auto-Teilen günstiger. Ein größerer Wagen sei noch teurer. Breindls Fazit: "Die Hälfte aller deutschen Autofahrer würden mit, Car-Sharing' billiger fahren."

Auch die größere Variabilität ist ein Argument für das Auto-Teilen. Je nach Unternehmung kann man nämlich verschiedene Autotypen nutzen, beispielsweise ein praktisches mit Anhängerkupplung, ein bequemes für längere Fahrten oder ein kleines für die Stadtfahrt. Der Preis bleibt dabei gleich.

Der Umweltaspekt liegt auf der Hand. Allein in Vaterstetten seien durch das Auto-Teilen etwa 30 eigene Autos weniger auf den Straßen, sagt Breindl. Ein interessanter Aspekt sei für die Gemeinden der verringerte Parkplatzbedarf. In Prien könne man das "Car-Sharing" auch im Tourismusbereich für die Gäste einsetzen und so zu einem Wirtschaftsfaktor machen.

Alle Belastungen des Autos, wie Wartung und Pflege sowie die Abrechnungen werden arbeitsmäßig auf die Nutzer-Gruppe verteilt. Kos-tenmäßig sind sie bereits im Nutzungspreis enthalten.

Sowohl Breindl als auch Berger-Stöckl boten ihre Hilfe bei der Gründung einer "Car-Sharing"-Initiative in Prien an. Ein Großteil der Anwesenden sprach sich bereits spontan für eine Gründung aus. Einzelheiten sollen mit allen interessierten Bürgern am Montag, 9. Mai, um 19.30 Uhr im LKZ besprochen werden.