Prien

Handbuch der kreativen Phase

Quelle: Chiemgau-Zeitung / 28.10.2005

Handbuch der kreativen Phase

Prien - Fast eineinhalb Jahre lang haben sich viele Priener die Köpfe zerbrochen, Pläne geschmiedet und gezeichnet, Visionen und Strategien entwickelt, Maßnahmenkataloge ausgearbeitet. Das Ergebnis ist 42 Seiten dick

In dem Handbuch «Ortskernentwicklung und Verkehr» sind penibel alle Vorschläge aus der Bürgerbeteiligung aufgelistet, von Abbiegeverbot bis Zebrastreifen. Zurzeit wird in den Gemeinderatsfraktionen über die Inhalte beraten, bevor im Gremium das weitere Vorgehen festgelegt werden soll. Dabei soll der weitere Dialog mit den Bürgern nicht vergessen werden.
«Das Handbuch ist nicht das Ende der Bürgerbeteiligung, nur das Resümee der kreativen Phase», beugt Bürgermeister Christian Fichtl im Gespräch mit der Chiemgau-Zeitung Befürchtungen vor, der Katalog könnte in der Schublade verschwinden. Nicht nur die Priener, die an Workshops, Arbeitsgruppensitzungen und Bürgerwerkstätten teilgenommen haben, warten auf die Umsetzung der Ideen.
Erste Maßnahmen wurden zwischenzeitlich verwirklicht oder stehen vor der Realisierung. Gehwege wurden abgesenkt, Angebotsstreifen für Radler in der Hochriesstraße geschaffen, kommunale Tempokontrollen eingeführt (mehrmals monatlich wird inzwischen geblitzt) und die Bahnhofstraße verkehrsberuhigt.
Für diesen Straßenzug gibt es jetzt drei Entwürfe eines Ingenieurbüros zur Umgestaltung in eine Fußgängerzone, die der Hauptausschuss bereits in nichtöffentlicher Sitzung vorberaten und an die Fraktionen zur Diskussion weitergeleitet hat. Wenn der Gemeinderat sich auf eines der Konzepte festgelegt hat, will Fichtl nochmal das Gespräch mit den Anliegern suchen, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird. Weil noch viele Fragen offen sind, vor allem auch die Kosten, erscheint ein Umbau im nächsten Jahr aber momentan fraglich.
Die Verkehrssituation in der Bahnhofstraße hat sich zwar verbessert, seit die Gemeinde Blumentröge aufgestellt und vier Pkw-Stellplätze auf die Fahrbahn markiert hat, Falschparker sind aber weiter an der Tagesordnung.
Möglichst noch heuer sollen den Angebotsstreifen für Radler in der Hochriesstraße weitere folgen. Geplant sind solche gestrichelte Linien, die Radfahrern Vorrang vor dem motorisierten Verkehr gewähren und so die Sicherheit erhöhen, in der Osternacher Straße zwischen der «Stocker Spinne» (Kreuzung Seestraße) und dem Gehweg in der Verlängerung der Carl-Braun-Straße sowie in der Seestraße zwischen der Klinik Roseneck und der Einmündung der Straße Am Herrnberg. Allerdings ist die beauftragte Spezialfirma nach dem regnerischen Sommer in Terminverzug. Deshalb fehlen auch die Piktogramme in der Hochriesstraße noch.
Auch in der Bernauer Straße möchte die Gemeinde solche Angebotsstreifen schaffen. Hier ist sie aber auf die Kooperation des Straßenbauamtes angewiesen, weil diese Hauptverkehrsader eine Staatsstraße ist. Die Behörde habe sich zwar schon grundsätzlich positiv geäußert, ihre Zustimmung aber an Bedingungen geknüpft, sagte Fichtl. So dürfe der Anteil des Schwerlastverkehrs am Gesamtaufkommen nicht über fünf Prozent liegen. Das wird jetzt im Rathaus geprüft.
Eine Erkenntnis aus der Bürgerbeteiligung war auch, dass eine kleine Umgehung in Relation zu den Kosten kaum etwas bringt. Nach langem Hin und Her waren am Ende drei Varianten geblieben, den Ortskern, also vor allem Alte Rathaus- und Bernauer Straße zu entlasten. Das Fachbüro Ingevost von Christian Fahnberg hatte den Prienern dann aber auf der Grundlage von Verkehrszählungen vorgerechnet, dass keine dieser Alternativen lohnend ist. Die Pläne liegen jetzt bis auf Weiteres in der Schublade.
Dagegen tut sich einiges in Sachen große Umgehung. Die Bürgermeister von Halfing, Bad Endorf, Rimsting und Prien haben ein Bündnis geschmiedet, um den Verkehr aus ihren Fremdenverkehrsorten hinaus auf eine neue Bundesstraße zu verbannen. Derzeit wird geprüft, ob eine solche Nord-Süd-Achse «Bundesstraßenfähigkeit» besitzt, wie es in der Amtssprache heißt. Die nötigen Planungskosten teilen sich die vier Gemeinden.
Zwar hat die Oberste Baubehörde in München den Bürgermeistern bereits klar gemacht, dass an einen Bau auf absehbare Zeit aus finanziellen Gründen nicht zu denken ist, die Gemeinden wollen aber vorbereitet sein und «mit Nachdruck» auf eine solche große Lösung hinarbeiten, versicherte Fichtl.
Für Prien wären dabei zwei Varianten denkbar: eine Brücke über das südliche Eichental oder ein Anschluss an die Staatsstraße in Richtung Frasdorf. Für diese arg ramponierte Strecke gebe es beim Straßenbauamt eine fast fertige Sanierungsplanung, so das Gemeindeoberhaupt. Allerdings fehlen auch hier im Moment die Mittel für die Umsetzung. Nur die Umgehung von Wildenwart schreitet ihrer Vollendung entgegen.
Weitere Einzelmaßnhamen sind in Arbeit. So wird in diesen Tagen der Verkehr vor der Post in der Hochriesstraße gezählt, um herauszufinden, ob die Zahl der Fahrzeuge einen Zebrastreifen rechtfertigt, wie ihn die Arbeitsgruppe gefordert hatte, die sich der Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer verschrieben hatte.
Der Hauptausschuss hat kürzlich einer finanziellen Beteiligung des Marktes Prien an einer Ringbuslinie um den Chiemsee zugestimmt. Der Bus mit Fahrradanhänger soll eine Angebotslücke schließen. Die Anliegergemeinden müssten sich rund 4000 Euro pro Jahr für den Betrieb teilen.
Auch ein Konzept zur Verknüpfung von Kurkarte und öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) ist laut Fichtl in Arbeit. Durch Preisermäßigungen sollen mehr Urlauber zum Umstieg auf den Bus motiviert werden. Gearbeitet wird außerdem an einem Beschilderungskonzept, mit dem der Verkehr zum See am Kreisel Bernauer Straße noch mehr auf die Harrasser Straße umgelenkt wird.
Und schließlich soll in Abstimmung mit dem Verband Priener Unternehmer (VPU) an den vier Adventssamstagen ein neuer Versuch gestartet werden, durch Parkkostenfreiheit ab 10 Uhr mehr Kunden nach Prien zu locken.