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Klima ändert sich - Chancen nutzen

Quelle: Chiemgau-Zeitung / 18.05.2007

Ist die Diskussion um den Klimawandel überzogen oder überfällig? Der Wirtschaftsbeirat informierte am Vortragsabend im Rosenheimer Kultur- und Kongresszentrum zum Klimawandel und dessen globale sowie regionale Auswirkungen für Wirtschaft und Gesellschaft.


Rosenheim - «Wir müssen die Situation objektiv betrachten, das Problem sachlich diskutieren und die Lösung konsequent angehen», erklärte Adolf Dinglreiter, Vorsitzender des Bezirks Rosenheim im Wirtschaftsbeirat Bayern. Er hatte den Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung Dr. Wolfgang Seiler eingeladen, um über Ursachen, mögliche Auswirkungen, Risiken und Chancen der Klimaerwärmung zu referieren.
«Klimaveränderungen hat es schon immer gegeben», weiß auch Dr. Seiler. Zwei Grad erscheinen nicht viel, wenn man Wetterkapriolen mit Temperaturstürzen von 20 Grad innerhalb eines Tages betrachtet. Global betrachtet hat sich die Erde seit der letzten Eiszeit aber nur um vier Grad erwärmt. Seit 1860 waren es 0,9 Grad und das ist laut Seiler erst die Hälfte des vom Menschen bislang verursachten Klimawandels.
«Dieser ist nicht mehr zu verhindern. In 50 Jahren haben wir in den Ostalpen wohl keine Gletscher mehr», so Seiler. Der jetzige CO2-Ausstoß wirkt sich noch die kommenden 30 Jahre aus. Das bedeute nicht, dass man sich jetzt zurücklehnen darf: «Ein tolerierbares Klima morgen ist die Aufgabe von heute.»
Die größte Herausforderung werde dabei die Wasserverfügbarkeit. Diesen Auswirkungen vorzubeugen ist laut Seiler günstiger, als sich später der Situation anzupassen. «So wird das Problem nur verschoben.»
Soziologisch sieht der Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung auch Probleme mit dem Klimawandel kommen. «Es wird Gewinner und Verlierer geben, das führt zu politischen Spannungen und Kriege gibt es in Zukunft eher um Wasser statt um Öl.»
Gewinner und Verlierer gebe es auch in der Region. Bayern liege keinesfalls auf einer Insel der Glückseligen. Wenn der Wirtschaftsbereich Wintersport wegen kürzerer Saisonen zurückgeht, biete das dem eine Riesenchance: «Der Tourismusstrom über die Alpen wird sich ändern», prophezeit Seiler.
Seltenere und dafür intensivere Niederschläge brächten Probleme für die Forstwirtschaft. Die Fichte hat laut Seiler keine Chance zu überleben: «Trockenstress und Borkenkäfer.» Schneller reagieren könnte da die Landwirtschaft, die mit einjährigen Pflanzen arbeitet. «Wegen der längeren Warmphasen kann man dann öfter pro Jahr ernten.»
Neben der Eindämmung dieser Folgen sind also auch Anpassungsstrategien notwendig. Diese seien aber vorausschauend zu planen, denn auch diese Entwicklungen brauchen Vorlaufzeit.
Die technischen Möglichkeiten sind laut Seiler keine Utopie mehr, es fehle bislang lediglich Leidensdruck und politischer Wille, sie umzusetzen. «Wenn wir warten, ist das aber gefährlich», verwies der Referent auf die Trägheit, mit der eingeleitete Maßnahmen greifen. Chancen sieht er deshalb jetzt im Zukunftsmarkt Klimatechnik. «Schließlich ist die Steinzeit auch nicht am Mangel an Steinen zu Ende gegangen, sondern wegen des technischen Fortschritts.» Mit der Steigerung der Effizienz, Innovation und Substitution fossiler Brennstoffe könne man in den Wachstumsmarkt der Zukunft einsteigen. So bestätigte Seiler mit seinem Vortrag Dinglreiter. «Die größte Herausforderung der Zukunft ist gleichzeitig die große Chance.» cl