Natur und Tourismus

Informationsfahrt zum "Haus zur Wildnis" im Bayerischen Wald

Quelle: Chiemseeagenda, Berger-Stöckl / 09.05.2007

Bürgermeister, Touristiker und Vertreter des Abwasser- und Umweltverbandes Chiemsee verschafften sich auf einer gemeinsamen Besichtigungsfahrt in den Bayrischen Wald einen Eindruck von moderner Naturerlebnispädagogik. Das 2006 neu eröffnete „Haus zur Wildnis" in Ludwigsthal bei Zwiesel ist Teil des groß angelegten Naturerlebniskonzeptes im Nationalpark Bayrischer Wald, in dem eine ganze Reihe von Informationseinrichtungen, weitläufige Freigelände, ein 50 ha großes Naturspielgelände und zahlreiche Naturführungen den Besucher in die heimische Natur eintauchen lassen. Während der Schwerpunkt früherer Infozentren vor allem auf der Vermittlung von Detailwissen lag, wie z.B. im Hans Eisenmann- Haus, geht das Haus zur Wildnis neue Wege und versucht, den Besucher nicht mit Wissen zu überfrachten, sondern ihn anzuregen, die Natur draußen selbst zu entdecken. Ein angrenzender Wanderweg führt den Gast vorbei an Luchs- und Wolfsgehege (mit großem Aussichtsturm), an Auerochs und Przewalski-Pferd, dem letzten der sonst ausgestorbenen Urpferde.

Wer im Haus selbst Wildnis erwartet, sieht sich enttäuscht: Moderne Architektur, 3D-„Wildnisreise" im Kino oder ein aufwendig gestalteter „Wurzelgang" verschaffen ihm viele positive Eindrücke, lassen aber die durch den Namen geweckte Assoziation an Wildnis im Inneren des Hauses unerfüllt. Das Haus selbst ist in der Konzeption noch nicht abgeschlossen, will aber Verbundenheit mit der Natur wecken und Ausgangs- und Zielort für verschiedene Themenwanderungen werden. Das Infozentrum sieht sich als weiteren Baustein für den sanften touristischen Aufschwung im „Grünen Dach Europas" nach jahrzehntelangen Investitionen, mit denen aber auch ein Ringen um Status und Ziele des Nationalparks einherging.

Neben dem Bayrischen Wald investieren weitere Regionen wie z.B. der Nationalpark Berchtesgaden in das Thema Naturerlebnis. In einer Zeit, in der sich die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen und Natürlichen dank unserer modernen Lebensweise als touristischer „Megatrend" abzeichnet, stellt sich auch für touristische Regionen außerhalb von Schutzgebieten, wie den Chiemsee, die Frage, inwieweit sie dieses Bedürfnis für touristische Investitionen nutzen wollen und können.

Der Konsens über eine solche Einrichtung und die Finanzierung sind noch völlig offen, die Idee wurde jedoch auf der letzten Chiemseekonferenz als Anregung u.a. des Tourismusverbandes („Naturerlebnispark") und des Umweltministeriums diskutiert - weil es am Chiemsee gute Voraussetzungen dafür gäbe: eine besondere Dichte an vielfältigen Lebensräumen, ein gutes Angebot an Naturführungen, Lehrpfaden, Beobachtungsstationen und Informationstafeln, das in den letzten Jahren erarbeitet wurde. Eine moderne Informationseinrichtung für Besucher, die dem Gast die heimischen Besonderheiten, ob in der Natur oder auch kulturell, durch aktives Mitmachen und Miterleben nahebringt, fehlt bisher und könnte als „Tor zum Chiemsee" Lust auf einen Aufenthalt am Chiemsee wecken - davor stehen aber neben der schwierigen Geldmittelbeschaffung noch umfangreiche Konzeptionen und ein Abstimmungsprozess.

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