Natur und Tourismus

Schwarzstorch statt Rotschenkel

Quelle: Chiemgau-Zeitung (OVB online) / 10.12.2008

Schwarzstorch statt Rotschenkel
Rote Beine haben sie beide, Schwarzstorch und Rotschenkel. Damit hört aber ihre Ähnlichkeit auch schon auf.
Beide Vögel stehen für den Wandel am Chiemsee in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten: Der Schwarzstorch ist neu hinzugekommen zur Vogelwelt am Bayerischen Meer - der Rotschenkel hingegen schlägt sein Quartier nicht mehr an den Ufern auf.

Dr. Michael Lohmann aus Übersee beobachtet schon seit 50 Jahren die Vögel am Chiemsee. In der Jahreshauptversammlung der Ortsgruppe Prien-Gstadt-Breitbrunn des Bund Naturschutz in der Gaststätte «Alpenblick» in Prien (wir berichteten bereits) hielt der Biologe nun einen Vortrag über den Wandel, den er festgestellt hat.
Zu Beginn seines Referats berichtete Lohmann von dem Seeadler-Paar, das Anfang des Jahres einen aufsehenerregenden Brutversuch im Bereich des Achendeltas unternommen hatte und dann wieder verschwand. Dass die Adler tatsächlich ernste Absichten hatten, konnte kürzlich durch den Fund eines mächtigen Horstes bestätigt werden. Umso unerklärlicher erscheint auch den Seeadler-Kennern aus Ostdeutschland das Verschwinden des Paares. «Da muss eine massive Störung stattgefunden haben», fasste Lohmann zusammen.
Das Auftreten und Verschwinden von Vogelarten war dann auch im Weiteren zentrales Thema des Vortrags. Im Rückblick auf seine bereits 1958 begonnenen Aufzeichnungen stellte Lohmann fest: «Der ständige Wandel ist das Natürliche.» Von den 168 Vogelarten, die in diesen 50 Jahren im Chiemgau als Brutvögel registriert werden konnten, sind zwar laut dem Biologen über 100 Arten ohne erkennbaren Trend. «60 Brutvogelarten aber lassen mehr oder weniger deutliche Veränderungen erkennen. Darunter zwölf Arten, die als so genannte Brutgäste nur gelegentlich hier ihre Jungen aufziehen.» Die Hälfte von ihnen habe seit mindestens 30 Jahren nicht mehr gebrütet. Aber auch Arten, die früher mehr oder weniger regelmäßig hier gebrütet hätten, seien als Brutvögel verloren gegangen, so Rohrdommel, Rotschenkel, Wiedehopf und Raubwürger.
Überraschend für Besucher war die Tatsache, dass zehn nicht mehr brütenden Vogelarten 20 neu hinzugekommene gegenüber stehen. Zu ihnen gehören - neben dem Schwarzstorch - Arten wie Schwarzhalstaucher, mehrere Entenarten, Schwarzmilan und Schwarzkehlchen sowie der Karmingimpel. «Von den Neubrütern haben sich einige besser entwickelt als manchem lieb ist. Zu ihnen gehören Kormoran, Graugans und Mittelmeermöwe», erläuterte Dr. Lohmann.
Bezieht man in diese zunächst positive Bilanz allerdings auch die Brutvogelarten ein, die in den letzten 50 Jahren weniger geworden sind und teilweise kurz vor dem Verschwinden stehen, so sieht die Rechnung nicht mehr ganz so rosig aus: 24 Vogelarten haben teilweise dramatisch abgenommen, darunter Birkhuhn, Wachtelkönig, Brachvogel, Flussuferläufer, Fluss-Seeschwalbe und Dorngrasmücke. Ihnen stehen nur sechs zunehmende Arten gegenüber wie Türkentaube, Mönchsgrasmücke und Birkenzeisig.
Den Vortrag von Dr. Lohmann untermalte Hans Zimmermann mit Fotos. re

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