Natur und Tourismus

Seltener Vogel: Sichler gesichtet

Quelle: Chiemgau-Zeitung / 28.09.2007

Die sonnigen Herbsttage nutzte kürzlich ein exotischer Gast für einen kurzen Besuch am Chiemsee.
Der schwarzbraune Vogel mit dem gebogenen Schnabel sieht einem Brachvogel zwar recht ähnlich, gehört aber nicht, wie dieser, zu den Watvögeln, sondern in die Verwandtschaft der Reiher und Ibisse.Die meisten Ibisse leben aber in tropischen Gebieten und auch der Sichler, der am Bayerischen Meer Station machte, hält sich in Europa gewöhnlich strikt an die wärmeren Regionen des Balkans und des Mittelmeers.


Ausflüge nach Mitteleuropa sind keineswegs die Regel, schon gar nicht im Herbst, wenn die Vögel eigentlich nach Afrika steuern sollten. Wie außergewöhnlich dieser Besuch war, geht schon aus der Tatsache hervor, dass am Chiemsee die letzten beiden Sichler im Mai 1958 gesichtet wurden.
Der Grabenstätter Schüler Niko Thum hatte den seltenen Gast am Donnerstag, 20. September, im Grabenstätter Moos entdeckt und per E-Mail gleich die Schar der Vogelbeobachter informiert.
Darauf setzte am nächsten und übernächsten Tag die große Suche ein. Viele hatten kein Glück, da der Vogel keineswegs am gleichen Platz blieb, sondern von einer Nasswiese zur anderen weit herum strich. So ließ er sich am Freitag überhaupt nicht sehen und tauchte am Samstag im Bereich des Feldwieser Strandbades auf.
Übrigens soll schon am 17. September ein als Waldrapp bestimmter Vogel in der Nähe des Tüttensees bei Grabenstätt gesehen worden sein. Tatsächlich sieht der (im Konrad-Lorenz-Institut Grünau frei fliegende) Waldrapp dem nah verwandten Sichler recht ähnlich. Leider ist der Beobachter nicht bekannt. Er kann sich zur Klärung unter Telefon 08642/597340 melden.
Ein noch viel exotischerer Verwandter des Sichlers hat den Chiemsee in letzter Zeit viel häufiger besucht: der Ibis. Dieser den alten Ägyptern einst heilige, schwarzweiße Vogel, beehrte die Region im Jahr 2001 von Ende September bis Anfang November, dann wieder im August 2003 und schließlich 2004 von Anfang Mai bis Ende Juli.
Allerdings muss sehr bezweifelt werden, dass diese Besucher aus ihren afrikanischen Stammgebieten hierher kamen. Vielmehr handelte es sich bei ihnen wohl um Ausreißer aus Zoos und Hobbyvolieren.

von dr. michael lohmann

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