Chiemgauer

Bei Klimahüllen blieb manchen die Luft weg

Quelle: Chiemgau-Zeitung / 08.09.2004

Bernau (daa) - Oft sind sie notwendig, fast immer hässlich: Industrieparks und Gebewerbegebiete, angesiedelt unter den fast immer gleichen Rahmenbedingungen: am Siedlungsrand mit logistischer Anbindung ans Verkehrswegenetz.

An einem potenziellen Lösungsansatz, wie man diese Bereiche durch die Einbindung anderer, attraktiverer Einrichtungen für den Bürger der modernen Industriegesellschaft lebenswerter machen kann, bastelt zur Zeit eine Stuttgarter Firma im staatlichen Forschungsauftrag. Bei der jüngsten Bernauer Gemeinderatssitzung stellte Referent und Architekt Ralf-Wolfgang Lindner insbesondere das Projekt «Klimahüllen» vor, bereits planerisch zugeschnitten auf eine Gemeinde wie Bernau. Die Präsentation sorgte für einige Turbulenzen.

Eingangs stellte sich Marlene Berger-Stöckl, die Umweltbeauftragte des Abwasser-Zweckverbandes, kurz vor und erläuterte die unterschiedlichen Zielsetzungen der Chiemsee-Agenda. Ein besonders erfolgreiches Vorhaben sei zum Beispiel der «Chiemgauer», eine regionale Komplementär-Währung, die auf einem GutscheinSystem basiere, wie Berger-Stöckl und Christian Gelleri dokumentierten. Ziel der Währung sei, Kaufkraft in der Region zu erhalten und die heimische Wirtschaft zu unterstützen. Gelleri, Lehrer an der Waldorfschule in Prien und betreuende Lehrkraft des ursprünglichen Schülerprojekts, ist Leiter des Arbeitskreises Wirtschaft, in dem auch Ralf-Wolfgang Lindner engagiert mitarbeitet.

Die Stuttgarter Firma Schleich-Bergmann und Partner habe vom Bundesministerium für Bildung und Forschung den Auftrag erhalten, die Möglichkeiten so genannter Klimahüllen zu erforschen und weiter zu entwickeln, wie Lindner eingangs bemerkte. Da die Erstellung eines solchen Konzepts im Rahmen dieser Arbeit kostenlos sei, dieser Service sei an den staatlichen Auftrag gebunden, habe man das Areal auf der anderen Seite des Rasthauses untersuchen lassen. «Gewerbegebiete weisen viele negative Faktoren auf, versiegeln den Boden und entwickeln Flächenfraß», führte der Architekt auf. Im Prinzip ähnelten die großen Hallen aus einer durchsichtigen speziellen Membran, die Lindner am Computer vorstellte, transparenten Messegebäuden. Wie Berger-Stöckl später ausführte, stammt die Idee auch aus diesem Bereich. So könne man zwischen den unterschiedlichsten Firmen auch kulturelle und Freizeiteinrichtungen integrieren. Sie ergänzte, dass man versuche, Hüllen zu entwickeln, durch die Bäume hindurchwachsen.

Während der Referent sich mehr auf die planerischen Gestaltungsmöglichkeiten unter den Klimahüllen und den Modellcharakter konzentrierte, waren solche Planspiele einigen Gemeinderäten schon viel zu konkret. Hansjörg Decker (Bernauer Liste) erklärte: «Das ist ein Freizeit-Areal. Das kann ich mir schlecht vorstellen.» Außerdem sei der Aufwand nicht gerechtfertigt. «Das ist rausgeschmissenes Geld», schüttelte Eduard Wierer (ÜWG) den Kopf und legte nach: «So ein Wahnsinn bei uns am Chiemsee.»

Berger-Stöckl versuchte unter dem Hinweis, dass es sich doch gar nicht um eine konkret feststehende Planung handle, zu beruhigen. Viel mehr ginge es darum, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man Flächen sparen und geplante Betriebsansiedelungen in ein neues Energiekonzept einbinden kann, so Berger-Stöckl. Darauf verließ Erich Bauer (Wählergemeinschaft Mittelstand Gewerbe) mit den Worten «Wir spinnen ja» vorläufig die Sitzung.

Bürgermeister Klaus Daiber dankte den beiden Referenten am Schluss für deren Ausführungen. In seinen Augen seien diese Klimahüllen durchaus Möglichkeiten für Gewerbegebiete, «aber wie weit das zu uns passt, ist doch ein ganz anderes Thema.»